Serie zur Gründung: Wer wird in deinem Coworking Space arbeiten?

Du möchtest einen Coworking Space gründen? Dann ist diese Serie dir gewidmet. Kürzlich veröffentlichten wir die wichtigsten Fragen, die sich angehende Gründer stellen sollten. Nun wollen wir den einzelnen Aspekten genauer auf den Grund gehen. Den wohl wichtigsten Part bei deinem Projekt spielen die Menschen, die darin arbeiten werden. Daher beleuchten wir die Frage: Für wen ist dein Konzept gedacht und welche Werte vertrittst du mit deinem Coworking Space?

Was macht deinen Standort besonders?

Die Lage deines Coworking Spaces bestimmt maßgeblich, wer sich von deinem Angebot angezogen fühlt. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen – auch den architektonisch schönsten Büroplatz samt Kaffee-Flatrate würde ich vernachlässigen und im Homeoffice bleiben, wenn ich täglich zwei Stunden quer durch die Stadt pendeln müsste. Ohnehin werden viele potenzielle Nutzer:innen die Convenience deines Angebots auf ihre persönlichen Bedürfnisse abklopfen. Gute Erreichbarkeit ist hier definitiv ein wichtiges Kriterium.

Daher reicht vielleicht ein Blick in deine Nachbarschaft, um sich einen ersten Eindruck zu deiner Klientel zu machen: Ist dein Space gut an den öffentlichen Nahverkehr angeschlossen und daher auch für Pendler:innen interessant?

Falls sich die Räumlichkeiten mitten im aufstrebenden Studierenden-Viertel befinden, bietest du vielleicht passende Kulturangebote wie Akkustikkonzerte, politische Panels oder einen leistbaren Veggie-Brunch. Über Social Media oder Studi-Pinnwände lässt sich hier gut und niederschwellig zu einem ersten Kennenlern-Event einladen.

Du möchtest ein eher abseits gelegenes Industriegebiet wiederbeleben? Dann besticht deine Location vielleicht über besonders viel Platz für Mieter:innen aus der Umgebung, die das wertzuschätzen wissen, deren Equipment mehr Raum einnimmt, oder all diejenigen, sich bewusst vom Trubel der Innenstadt zurückziehen möchten.

Selbes gilt auch für provinzielle Lagen, denn natürlich sind Coworking Spaces nicht nur in urbanen Ballungszentren beliebt. Deine Situation ist also viel spezifischer, wenn du planst, im ländlichen Raum zu gründen. Möglicherweise kennst du den Ort bereits und kannst an vorhandene Beziehungen anknüpfen, um ein Netzwerk aufzubauen und deine Zielgruppe zu identifizieren. Oder richtest du dich an Leute aus dem städtischen Raum, die deinen Space gezielt für Klausuren und Workations aufsuchen?

Bevor du dir also zu Kaffee-Flatrate, Quizabenden und Yogakursen den Kopf zerbrichst, stell dir die einfachste Frage: Wer sind eigentlich meine Nachbar:innen und wie biete ich ihnen etwas Außergewöhnliches, Neues, Erlebenswertes? Selbst wenn sie selbst keine Arbeitsplatz im Coworking Space suchen, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass sie jemand anderem davon erzählen.

Gemeinsame Wertschöpfung

Vielleicht denkst du jetzt: Hey, ich will einfach nur 20 sympathische Personen finden, die regelmäßig ihre Miete zahlen, ab und zu bei einem Flat White quatschen und zur Weihnachtsfeier eine Flasche Wein mitbringen. Muss ich die ominöse Zielgruppe denn wirklich so genau kennenlernen?

Doch auch wenn für dich eine schlanke Kosten-Nutzen-Rechnung oder eine gewisse Anonymität im Vordergrund steht, lohnt sich ein Blick auf die intrinsische Motivation deiner Mieter:innen. Wenn du nämlich ihre Bedürfnisse (etwa: kurzer Weg zur Arbeit, Kita in der Nähe, Telefon-Booth) und Werte (etwa: Aufgeschlossenheit, Solidarität, Lust auf gemeinsame Abende) vorab kennst und in deiner Planung berücksichtigst, kann das ein zentraler Mehrwert für sie sein – und langfristig ihre Zufriedenheit und Loyalität sichern. Sogar die Wahrscheinlichkeit, dass sie deinen Coworking Space weiterempfehlen und deinen Businessplan damit unterstützen.

Übrigens sehe das nicht nur ich als Journalistin so, sondern auch das Forschungsinstitut zur Zukunft der Arbeit. In der Kurzexpertise »Bedeutung von Coworking Spaces als Dritter Arbeitsort in Deutschland«, in Auftrag gegeben vom Bundesamt für Arbeit und Soziales, setzt es diverse Aspekte rund um aktuelle Arbeitmodelle in den Kontext ökologischer Transformation. Und stellt darin fest: »Die Vorstellung eines besonderen Innovationspotenzials leitet sich daraus ab, dass an diesem Arbeitsort bevorzugt Personen zusammenkommen, deren Denken stark auf Fortschritt, ergebnisorientierte Projektentwicklung und unternehmerische Ziele ausgerichtet ist, und die miteinander eine soziale Gemeinschaft bilden, in der nach Austausch und Inspiration jenseits der üblichen Horizonte gesucht wird. Dies kann etwa ko-kreative Prozesse und die Hervorbringung innovativer Lösungen begünstigen, die konkrete Bedarfe in der Gesellschaft adressieren.«

Mehr als nur ein Schreibtischplatz

Anders ausgedrückt: Coworking Spaces ziehen Menschen an, die sich nach mehr sehnen als nur eine effiziente Arbeitsinfrastruktur. Menschen, die gerne etwas von sich (mit-)teilen möchten – ob Zeit, Ideen oder Lunch. Wenn du also dein Konzept kommunizierst, auf die Suche gehst nach potenziellen Mieter:innen, kann sich diese Kenntnis als nützlich erweisen. Sharing is caring, heißt es so oft – dass sich beim Teilen auch Ideen und Innovation ergänzen oder multiplizieren können, ist ein netter Nebeneffekt. Wo Räume, technische Infrastrukturen und Gerätschaften geteilt werden, rückt man sich näher. So kann dein Coworking Space zum Vehikel werden, der auch das Teilen von Ideen, Informationen und Inspirationen ermöglicht und sich aktiv in eine lebendige Nachbarschaft integriert.

Zuletzt werden wir nächste Woche beleuchten, mit welcher Software du die Vernetzung untereinander erleichtern kannst. Stay tuned!

Sonja Pham


Sonja Pham schreibt als freie Journalistin über Kultur, Kulinarik und Kreativität. Sie studierte Kommunikationsdesign an der Designschule München, was sie zwar nicht zur Grafikdesignerin machte, aber signifikant ihre Liebe zur Gestaltung und zum Printjournalismus verstärkte. Seit Anfang 2021 bringt sie als Stellvertretende Chefredakteurin das Grafikmagazin mit heraus.

https://www.sonjapham.com
Previous
Previous

Serie zur Gründung: Welche Software erleichtert die Kommunikation?

Next
Next

Serie zur Gründung: Wie viel Geld brauchst du und wofür?