Serie »How to Community«: coapp-CEO Jonas Lindemann über sein Community-Motto »More People, More Awesome«
Dass Jonas Lindemann eine klare Vorstellung davon hat, wie man eine funktionierende Community aufbaut, ist nicht verwunderlich, denn als Mitgründer und CEO von coapp hat er sich dieser Leidenschaft mit Leib und Seele verschrieben. Weniger bekannt ist bei coapp-Nutzer:innen und den Leser:innen dieses Blogs vielleicht sein Hintergrund: Beim Coworking Space Edelstall war er Geschäftsführer sowie Gesellschafter, und den Community Space Hafven wurde von ihm mitgegründet und operativ geleitet.
Außerdem reiste er rund um den Globus und arbeitete selbst in zahlreichen Spaces, unter anderem in Australien. Im Gespräch gibt er wertvolle Tipps und Einblicke aus seiner langjährigen Erfahrung im Community-Building weiter. Dabei stets im Fokus: die Schaffung von wertvollen Räumen, die nicht nur zum Arbeiten, sondern auch zum Austausch und zur Vernetzung einladen.
Von der anfänglichen Skepsis zur lebenslangen Begeisterung für Communities
Edelstall, der Vorläufer von Hafven, war ein Projekt von Designstudierenden, die einen Raum für sich und Gleichgesinnte suchten. Jonas, der selbst Kommunikationsdesign studiert hatte, stieß 2011 dazu, nachdem er aus einem traditionellen Büro-Setup kam, in dem er sich oft isoliert fühlte. Der offene Austausch im Edelstall beeindruckte ihn sofort: »Nach anfänglicher Skepsis habe ich schnell gemerkt, wie wertvoll es ist, wenn man Feedback direkt und ungefiltert erhält,« erzählt Jonas. »Ich war mega begeistert von dem Aspekt der Offenheit.« Diese damals völlig neue Art des Zusammenarbeitens motivierte ihn so sehr, dass er später die Geschäftsführung übernahm und das Konzept weiter ausbaute.
Das Herzstück: Die Community
Für Jonas war immer klar: Der größte Wert eines Coworking Spaces liegt in den Menschen, die ihn nutzen. Das Ziel, möglichst viele Menschen zusammenzubringen, stand daher stets im Mittelpunkt. »Wir haben uns konsequent darauf ausgerichtet, eine Plattform für alle zu schaffen, in der so viele Leute wie möglich miteinander vernetzt sind,« erklärt er. Um dies zu erreichen, passte das Team sowohl die Preis- als auch die Produktstrategie an. Der Raum wurde flexibler, die Mitgliedschaften günstiger – mit dem Ergebnis, dass die Mitgliederzahl schnell wuchs.
Über diese eher strategischen Learnings hinaus hat Jonas auch in der Praxis viel dazu gelernt, nach eigenen Angaben besonders aus seiner Zeit als Nutzer anderer Coworking Spaces: Auf einer eineinhalbjährigen Weltreise mit seiner Freundin arbeitete er in unterschiedlichsten Konstellationen und sammelte wertvolle Erfahrungen. Besonders beeindruckt hat ihn ein Space in Sydney, der zwar schick und stylisch war, aber keine Community bot. »Ich habe dort niemanden kennengelernt. Das hat mir gezeigt, wie wichtig es ist, dass man sich sozial eingebunden fühlt,« erzählt er.
Wenig später kehrte er in einem eher unaufgeregten, wenig durchgestylten Space bei Fishburners ein – und lernte sofort zwei neue Leute kennen, mit denen er sich zum Lunch verabreden wollte. Diese Erfahrung prägte seine Überzeugung, dass es in einer Community weniger um das schicke Design, sondern mehr um die zwischenmenschlichen Begegnungen geht. Seine Erkenntnis floss später direkt in das Konzept von Hafven ein: »Wir wollen so einladend sein, dass man als neues Mitglied direkt mindestens mit zwei Menschen in Kontakt tritt«, sagt er. Dieser Fokus auf wertvolle Kontakte und Begegnungen sorgt dafür, dass sich die Mitglieder schnell zuhause fühlen und gern bleiben – oder sogar neue Mitglieder dazuholen.
More People, More Chaos: Wie umgehen mit Herausforderungen?
Eine der zentralen Strategien, die Jonas und sein Team verfolgten, war es, so viele Menschen wie möglich zusammenzubringen. Dies führte zur Entwicklung der »More people more awesome«-Kampagne, die den Kern ihrer Philosophie widerspiegelt: »Wenn das der Mehrwert ist, dann lass uns doch versuchen, das konsequent darauf auszurichten.« Die Idee: Je mehr Menschen Teil der Community sind, desto vielfältiger und dynamischer wird sie.
Doch natürlich lief die Skalierung auf eine größere Community auch trotz vieler technischer und organisatorischer Weichenstellungen nicht immer reibungslos. Die Verdopplung der Mitgliederzahl brachte einige Herausforderungen mit sich. Besonders im Low-Budget-Betrieb war es schwierig, den Überblick zu behalten. »Ohne technische Automatisierung wären wir verloren gewesen,« gibt Jonas zu. Trotzdem gelang es dem Team, die wesentlichen Bedürfnisse der Mitglieder im Blick zu behalten und eine Balance zwischen Wachstum und Qualität zu finden.
Schlüssel zum Erfolg: Events und Vernetzung
Ein weiterer zentraler Erfolgsfaktor war die bewusste Förderung der Community durch Events. »Wir haben fette Partys geschmissen und immer wieder Anlässe geschaffen, bei denen die Leute sich begegnen konnten,« erzählt Jonas begeistert und deutet beim Gespräch auf den Raum hinter ihn: oft habe man einfach alle Tische, Stühle und Geräte zusammengepackt, einen Getränke-Sponsor wie Jägermeister an Bord geholt und ohne viel Aufhebens einfach losgefeiert. »Dann hat man danach halt gemeinsam angepackt beim Aufräumen und vielleicht noch eine Weile lüften müssen«, lacht er. Diese oft spontanen, zwanglosen gemeinsamen Erfahrungen stärkten das Zusammengehörigkeitsgefühl und sorgten seiner Ansicht auch dafür, dass die Community – neben dem Arbeitsalltag – lebendig blieb.
Drei konkrete Tipps für den Community-Aufbau
Für alle, die eine eigene Community starten oder verbessern möchten, hat Jonas einige wichtige Ratschläge:
1. Klare Mission
»Du solltest genau wissen, warum du die Community aufbaust und was du damit erreichen möchtest«, sagt Jonas. Es sei entscheidend, dass die Ziele klar definiert sind und alle Aktivitäten darauf ausgerichtet werden. Für ihn stand immer im Vordergrund, möglichst viele Menschen zusammenzubringen und dass diese einen Mehrwert aus diesen Begegnungen ziehen.
2. Vertrauen und Kontrolle abgeben
»Lass das Netzwerk machen! Die Community kann oft mehr erreichen, als es ein einzelner Manager jemals könnte,« betont Jonas. Es ist wichtig, loszulassen und zuzulassen, dass sich die Dynamiken selbst entwickeln. Dieses Vertrauen in die Selbstregulation, müsse man zwar lernen, aber die Vorteile liegen für ihn auf der Hand: »Das Netzwerk an sich ist unbegrenzt und damit auch unendlich wertvoll.«
3. Automatisierung und Digitalisierung
Mit zunehmender Größe einer Community wird es immer wichtiger, Prozesse zu automatisieren, da spricht er aus Erfahrung. »Sonst ist man begrenzt«, erklärt Jonas. Tools wie coapp erlauben es den Community-Managern, sich auf die wirklich wichtigen Aspekte zu konzentrieren, sich um neue Verbindungen im Space zu kümmern und eine angenehme, einladende Umgebung zu schaffen. »Oder einfach regelmäßig Klopapier zu kaufen«, lacht Jonas.
Fazit: Eine Community ist mehr als nur ein Raum
Für Jonas Lindemann sind Coworking Spaces nicht einfach nur Arbeitsplätze, sondern Orte der Begegnung, des Austauschs und der Zusammenarbeit. Mit der richtigen Mischung aus Offenheit, Vertrauen und Events kann jeder einen Ort schaffen, an dem Menschen nicht nur arbeiten, sondern auch gemeinsam wachsen. Hafven und Edelstall sind der lebende Beweis dafür, dass »More People, More Awesome« nicht nur eine cooles Motto, sondern eine besonders in der post-pandemischen Arbeitswelt eine echte Erfolgsstrategie ist. Schließlich entsteht eine funktionierende Community nicht nur durch Planung, sondern auch durch Flexibilität und Offenheit füreinander.
Mehr zum Thema Community Building und Selbstregulierung von Netzwerken hier im ausführlichen Gespräch mit Dr. Christian Mencke von SAP